Im hintersten Winkel des Bayerischen Waldes gibt es ihn noch. Einen echten Geheimtipp – das Skizentrum Mitterdorf in Mitterfirmansreut.
Der dicke Puderschnee sitzt wie Zuckerwatte auf den Tannenwipfeln. Skizwergerl wedeln die Piste hinab, mitten im eigenen Junior-Ski-Zirkus an der Almwiese.
Wo der Bayerische Wald am schneereichsten ist, da liegt das kleine und quirlige Skizentrum Mitterdorf. Ein verwunschenes Bergdorf auf gut 1000 Metern Höhe, nahe der böhmischen Grenze. Mitterfirmansreut liegt mitten im Wald und ist ein echtes Schneeloch. An den Hängen des 1150 hohen Almberges genießen Skitouristen entspannte Pistentage, ohne den Stress, den die „weiße Industrie“ aller Orten hinterlässt und der auch 50 Jahre nach den ersten Schwüngen in Mitterdorf fast am Ort vorüber ging.
Dennoch wurde das Skigebiet fünffach ausgezeichnet als Top-Ski-Gebiet. Mitterdorf ist ein wahres Eldorado für Familien, Langläufer, Anfänger, Genießer und auch Skifahrer mit Handicap.
Vom Schneeloch zur Goldgrube
Niemand würde den winzigen Grenzort kennen, hätten nicht der skibegeisterte Landshuter Walter Heindl und der Mitterfirmansreuter Lehrer Karl Kißlinger ihren Traum wahr gemacht und das Glück einfach beim Schopf gepackt.
Mit drei Jahren steht Heindl auf den Brettern. Mit sechs fährt er die ersten Skirennen. Ostern 1963 absolviert er die Skilehrerprüfung in Oberstdorf. Sein Traum aber liegt im Osten. Im Winter 1963/64 gründet er die erste Skischule mit Skiverleih im unteren Bayerischen Wald. „Skischule Bayerwald“ hieß sie damals, „Zweigstelle Dreisessellift“. Ein Jahr später startet der Schulbetrieb in der „Wolfensteiner Hütte“ in Mitterfirmansreut. Heute ist die Wintersportschule Heindl eine von vier Skischulen im Skigebiet.
Kißlinger und Heindl machten mit solidem Geschäftssinn und der Liebe zum Wintersport aus dem einstigen touristischen Sorgenkind nicht nur einen echten Geheimtipp. Sie prägten auch den gesamten Wintersporttourismus im Bayerischen Wald.
Das raue Klima der Mittelgebirge ließ nur wenig Landwirtschaft zu und der „eiserne Vorhang“ im Osten tat sein Übriges. Die Menschen waren arm und den Dörfern drohte die Landflucht. Karl Kißlinger war es, der die Idee für das Skigebiet hatte.
Er wollte den „in rauen Mengen vorhandenen und nicht selten verfluchten Schnee in „weißes Gold“ verwandeln und baute 1964 den ersten Skilift mit Dieselmotor“, erinnert sich Manfred Selwitschka, der heute die Geschicke im Skizentrum lenkt. 560 Meter lang und auf einer Höhendifferenz von 140 Metern ist der „Kißlingerlift“ heute die älteste und einzige schwarze Abfahrt. Sie ist als FIS-Strecke für Slalom freigegeben. Weil der Steilhang Anfänger aber eher abschreckte, wurden im Laufe der Jahre auch rote und blaue Strecken ausgebaut. Bereits 1967 kam der längste und attraktivste Lift hinzu, der „Große Almberglift“. Unterkünfte wurden ausgebaut. In nur zehn Jahren waren die Übernachtungszahlen von 300 – damals überwiegend in der „Wolfensteiner Hütte“ – auf 10 000 im Jahr angewachsen.
Charmant, modern und barrierefrei
Heute ist Mitterdorf ein hochmoderner und barrierefreier Skiort, der sich seinen unberührten Charme auf wunderbare Weise erhalten konnte. Im Wärmeraum, nahe des Junior-Ski-Zirkus, an der Hauptkasse und den Skischulen tummeln sich Jung und Alt und Rollstuhlfahrer mit Mono-Ski. Sie finden an den breiten Hängen ideale Bedingungen. Es gibt Biofrüchte-Tee und wer will kann die Brotzeit auspacken. Familiär geht es zu und ganz ohne Remmidemmi.