Christel Seyfarth ist die unbestrittene Strick-Queen auf Fanø. Seit mehr als zehn Jahren organisiert die Designerin das internationale Strickfestival auf der kleinen dänischen N0rdseeinsel und hat mit ihrer Masche ziemlich viel Erfolg.
Christel Seyfarth ist alles andere als eine altmodische Strickliesel. Sie hat das Handwerk mit Nadel und Faden zur Kunst erhoben. Damit hat sie nicht nur der neuen Wolllust einen Dienst erwiesen, sondern auch die kleine Insel in der süddänischen Nordsee zu einer festen Größe in der Knit-Design-Welt gemacht.
Sie steht in ihrem Laden und hat ein fast spitzbübisches Lächeln. Um sie herum breitet sich ein Universum aus Farben,Texturen und Mustern aus. Wolle in allen Fadenstärken, leuchtend oder pastellfarben, Jacken, Mäntel, Schals und Pullover, deren Muster wie Fantasiewelten sind.
Seit mehr als zehn Jahren findet im Herbst das Fanø Strickfestival statt. Das war ihr ein echtes „Herzensaliegen“. Aus allen Teilen Skandinaviens, Dänemarks und inzwischen auch aus ganz Europa strömen Wollfans auf die Insel, lassen Nadeln klappern, Spinnräder surren und Kilometer bunter Fäden durch die Finger laufen.
Knit-Arts statt Schlabberpulli
Als ich die Designerin in ihrem Laden treffe, kann ich mich kaum losreißen. Wie gebannt bin ich von den fantasievollen Motiven ihrer Jacken, Tücher, Mäntel und Pullover. „Aber wer soll das denn nachstricken?“, frage ich. „Keine Sorge“, beruhigt sie. „Alles ist genau erklärt und es ist genau so viel Wolle im Paket, wie benötigt wird.“ Natürlich kann man auch jedes Knäuel einzeln kaufen. Aber die Strickkits enthalten genaue Anweisungen, wie man die wunderbaren Muster am Ende auch hinbekommt . Und dennoch. Ein Anfänger wie ich, sollte darauf gefasst sein, dass auch dieses alte Wollhandwerk erlernt sein will.
Ein Grund mehr beim Fanø Strickfestival vorbei zu schauen. Jedes Jahr im September treffen sich ein paar hundert Wollfreunde auf der „hygeligen“ Insel an Dänemarks Westküste. Hier gibt es jede Menge Workshops und natürlich den guten Rat der alten Hasen. Seit mehr als einem Jahrzehnt erleben Selbermachen und Handarbeiten eine Renaissance. Wer hätte das gedacht? Und nicht nur die Skandinavier werkeln eifrig. Rund um den Erdball klappern wieder die Nadeln und das verstaubte Image hat das Selbstgemachte längst abgelegt. Es waren Künstlerinnen wie Christel Seyfarth, die mit ihren „Knit arts“ den selbstgestrickten Pulli aus der Ecke mühsamer Handarbeit armer Leute und Dilettanten holten. Wer heute strickt und spinnt, tut das als Ausgleich zur Arbeitswelt und als Ausdruck von Individualität.
Was früher mühsamer Broterwerb armer Land- und Stadtfrauen war, ist heute also ein Lifestyle-Event. Aber damals wie heute haben sich die Frauen dabei viel zu erzählen. Vielleicht ist das der Grund für die „erfolgreiche Masche“ nicht nur auf Fanø. „Wer selber macht kann sich und seine Ideen darin ausdrücken“, sagt Seyfahrth. Und ganz nebenbei auch noch entspannt netzwerken.
Schuld an Seyfahrths Leidenschaft zur Masche war die Oma. Sie überließ der kleinen Christel einige Knäuel bunt durcheinander gewürfelter Wollreste. Daraus entstand der erste Entwurf. Da war sie gerade einmal fünf Jahre alt. Die Liebe zur Farbe sieht man Ihren Modellen bis heute an.
Detailverliebt und entspannend wie Yoga
Und auch ihre Liebe zum Detail hat sie seit den ersten Maschen nicht verloren. Die handgestrickten Modelle haben mindestens 16 Farbnuancen und komplexe Motive. Die maschinengestrickten etwas weniger. „Aus technischen Gründen.“ In den 80er-Jahren stricken schon mehr als zwei Dutzend Frauen für Seyfarth. Später verkauft sie die Modelle in den USA. In den Nuller Jahren reist sie mit ihren „Unika“ Modellen zu Ausstellungen nach New York und Texas.
Seyfarth lebt und strickt noch immer in Nordby auf Fanø, wo sie aufgewachsen ist. Die Landschaft der Insel und ihre Bibliothek mit unzähligen Büchern über Kostüme aus den vergangenen drei Jahrhunderten sind ihre Inspirationsquelle. „Ich liebe einfach Details“, sagt sie. „All diese unterschiedlichen Farben. Das gibt mir immer wieder neue Ideen.“
Jeder, der schon ein wenig Übung mitbringt kann ihre kunstvollen Modelle nachstricken. Alles was man dazu braucht, bietet sie in den Knit-Kits an.
Und wer noch einen Grund braucht, um beim nächsten Strickfestival dabei zu sein, dem sei eine Studie der Harvard Medical School (USA) empfohlen. Die kam, so heißt es, zu dem Ergebnis: das monotone rhythmische Klackern der Nadeln ist ebenso erholsam wie Yoga: Es baut Stress ab und senkt den gegen Blutdruck.
Na dann! Erholsam ist ein Besuch auf Fanø in jedem Fall.
Erfolgreiche Masche
Das 11. Internationales Strickfestival auf der dänischen Nordseeinsel Fanø fand vom 16. bis 18. September statt.
Am meisten wurde in Fanøs größten Dörfern Nordby und Sønderho gestrickt. Mittelpunkt des „Fanø Strikkefestival 2016“ war das Nordbys Kulturzentrum REALEN. Hier gab es Verkaufs- und Infostände, fanden Workshops statt, Vorträge und Ausstellungen. Wolle und Mode konnte man aber auch in Fanøs Natur, am Strand, in den Dünen oder auf den Deichen erleben. Dazu gab es ein Rahmenprogramm mit Musik und Unterhaltung. Das Festival, das jedes Jahr im September stattfindet, kostet rund 14 Euro pro Person, umgerechnet etwa 100 Dänische Kronen.
Informationen
Für alle Wollfreunde: www.christel-seyfarth.dk und www.strikkefestival.dk/en/
Für alle Fanø Besucher: www.visitfanoe.dk/de und
www.suddanischenordsee.dk und www.visitdenmark.de