Menorca – „Man möchte Seufzen vor Freude“

Anders als ihre große Schwester Mallorca ist Menorca im Norden des Balearen Archipels eine Insel der Ruhe geblieben.

Wild und rau im Norden. Fein und mild im Süden. Menorca ist voll bezaubernder Vielfalt und unverwechselbarem Charme. Bis heute ist sie all das, was die große Schwester Mallorca vieler Orts nicht mehr ist. Ein Traum für Wanderer, Genießer und all jene, die es langsam mögen.

Er hat sie einmal seine „Familienangehörigen“ genannt. Die Palmen rund um sein Grundstück, bei Sant Lluís, südllich der Inselhauptstadt Maó (Mahon). Seit mehr als 50 Jahren kommt der niederländische Schriftsteller Cees Nooteboom nach Menorca. Hier beobachtet er Schmetterlinge, Schildkröten, Vögel und das Meer.

Ruhe und Muße in einer idyllischen Seitenbucht der Cala Santa Galdana an der Südküste. Foto: Flora Jädicke

Hier lauscht er den Geschichten des Tramuntana, dermanchmal kräftig über die Insel fegt. Hier sinnt er den kleinen Großartigkeiten des Lebens nach. „Ach, man möchte Seufzen vor Freude“ sagt er dann. Menorca, das ist die Welt im Kleinen und Stillen. Eine Insel, die ihren familiären Charakter bewahrt hat. In „533 Tage. – Berichte von der Insel“ hat Nooteboom die stille, sanfte Welt von Menorca wunderbar beschrieben.

Auf Menorca ist „Slow“ ein Lebensgefühl

Wer auf die „Kleinere“ kommt, wie Menorca auf Katalanisch heißt, der taucht ein in eine andere Welt. Menorca, das ist eine Insel der Ruhe.

Stille Strände: Malerische eingerahmt von Felsklippen ist diese kleine Nachbarbucht der Cala Santa Galdana. Foto: Flora Jädicke

Umgeben von kristallklarem Wasser, das mal karibisch türkis, mal tief  blau an den die feinen, versteckten Sandstrände im Süden plätschert oder wuchtig gegen die Steilküsten und auf die rote Erde in den Buchten der Nordküste brandet. 216 Kilometer Küste umgeben die vielfältige Naturlandschaft im innern der Insel, mit ruhigen frischen Wäldern, Feldern und Weideflächen und Menorcas einzigem richtigen Berg. Der Monte Toro ist gerade mal 357 Meter hoch. „Slow“, das ist eine Marke hier“, sagt Tourguide Alvin Delanghe. Aber eine, die weit entfernt ist von einer reinen Marketing Mode. „Es ist schlicht ein Lebensstil.“

Warmer Sandstein im Süden und Barocke Architektur. Foto: Flora Jädicke
Stand-up Paddling in aller Ruhe und Gelassenheit in einer stillen Bucht nahe der Cala Galdana. Foto: Flora Jädicke

Vor Jahren kam er aus Belgien auf die nördlichste der Baleareninseln und blieb der Liebe wegen. Er weiß mehr über Menorca zu berichten, als viele Einheimische. Dieser Flecken Erde scheint so unberührt und unbedarft, dass man kaum glauben kann, dass er einst Ziel von Piraten war und hart umkämpft. Franzosen, Engländer, Spanier und Normannen stritten um die Vorherrschaft. Heute liegt Menorca noch immer strategisch wichtig: als Ruhepol zu den Partyinseln, Mallorca und Ibiza.

Sie kämpfen gegen „Overtourismus“. Ein Wort, das es auf der kleinen Balearen-Insel, kaum 34 Kilometer nördlich von Mallorca nicht gibt. „Eigentlich ist es nur Fels und etwas Erde darauf“, witzelt Alvin, „damit etwas wachsen kann.“ Das bisschen Fels und Erde drauf aber war genug für die Unesco, um 1993 den Großteil der Insel in ein Biosphärenreservat zu verwandeln.

Citudalla die Charmante

Allzu ehrgeizige Tourismusprojekte gehören längst der Vergangenheit an. „Hier lebt man im Einklang mit der Natur“, sagt Alvin. Einen Wettstreit um größer oder schöner liefern sich allenfalls die beiden großen Städtchen.

Menorca besticht mit imposante Sakralbauten. Foto: Flora Jädicke

Maó die Capitale, der Gin und die Engländer

Im Osten wetteifert die Hauptstadt Maó mit ihrem Hafenrestaurants und dem üppigen Fischmarkt mit der einstigen Inselkapitale im Westen, um die Gunst der knapp 90000 Inselbewohner. Das beschauliche Ciutadella mit seiner imposanten Kathedrale und seinen entspannten Plätzen, hübschen Boutiquen und Cafés scheint für die Gäste noch immer die heimliche Hauptstadt zu sein. Es sind zumeist Briten. Sie kamen mit den spanischen Erbfolgekriegen.

Freitreppe zum Haven von Maó. Foto: Flora Jädicke

 

Fast das gesamte 18. Jahrhundert herrschten die Engländer über Menorca und brachten nicht nur die typischen rotbraunen Rinder auf die Insel, sondern auch den Gin. Im Hafen von Maó (Mahon) stand wohl die erste Destille, die den Wacholderbrand im Mittelmeerraum herstellte.

Maós Hafen liegt am Ende eines tief ins Land reichenden Meeresarms. Das machte ihn lange Zeit zu einem nahezu uneinnehmbaren Naturhafen, an dem nicht nur aufdringliche Eroberer ihr Lehrgeld zahlten, sondern auch Piraten.

Die Cova de Xoroi – Menorcas Neigthlife

In den unzähligen Höhlen an der Südküste versteckten sie sich. Der Legende nach hielt einst der einsame Pirat Xoroi hier eine Jungfrau gefangen. Heute beherbergt sein ehemaliges Schlupfloch, die Cova d’en Xoroi, eine der schönsten Diskotheken im gesamten Mittelmeerraum. Am Tag darauf strahlt über rauem Grün wieder ein tief blauer Himmel. Weiße und beigefarbene Häuser in den idyllischen Küstenorten leuchten zwischen blühendem Oleanderbäumen und graugrünem Schilf.

Die schönste Disco im Mittelmeer in der Cova d’en Xoroi. Foto: Flora Jädicke

Ein Tag zum Wandern, Reiten oder Fahrradfahren. Oder man lässt sich einfach, in einer versteckten, feinsandigen Buchten, umgeben von dichten  Pinienwäldern von der Sonne verwöhnen. Mit dem Boot geht es hinaus zur Cala Mitjana, in die Cala Trebalúger und weiter im Westen, zu den Stränden bei Macarella, Macarelleta oder in die paradiesischen Bucht von Cala en Turqueta. Wenn gleich und das sollte man nicht verheimlichen, im Sommer auch hier die Traumstrände voll sind und quirliges Leben die kleinen Dörfer erfüllt. Beschaulich bleibt es dennoch.

Menorcas beschauliche Dörfer. Foto: Flora Jädicke

Es gibt keine einzige Autobahn auf der Insel. Nur den kleinen Flughafen und einen Inselumspannenden, hervorragend ausgeschilderten Wanderweg.

Menorcas Traumwanderweg, der Cami de Cavalls

Einst hatten die Menorquiner den gut 190 Kilometer langen Camí de Cavalls, was soviel heißt wie „Pferdeweg“ entlang der Küste angelegt, um Angreifer rechtzeitig in die Flucht schlagen zu können. „Wunderbar zum „Softwandern“, sagt Alvin. „Wandern, Baden, Sonnen, Weiterwandern.“

 

Auf dem Cami de Cavalls nach Binimel-la. Foto: Flora Jädicke

Zu den Schätzen der Insel gehören auch die Ausgrabungsstätten der frühen Siedlungen im Inselinneren. Nur wenige Kilometer von den verwunschen Stränden entfernt liegt die talayotische Siedlung Torre d’ en Galmés. Historiker schätzen ihren Ursprung auf das Jahr 1400 vor Christus. Das prähistorische Dorf, mit seinen Megalithenanlagen, den Totenhöhlen und drei Versammlungsräumen verteilt sich auf ein Gebiet von beinahe 60000 Quadratmetern.

 

Frühzeitliche Siedlungen: Die Talayotischen Ausgrabunen auf Menorca. Foto: Flora Jädicke

Dass Menorca noch heute ein so lauschiges Plätzchen ist, ist wohl das Ergebnis des spanischen Bürgerkriegs. Während sich Mallorca General Franco längst treu ergeben hatte, kämpfte Menorca gegen den Diktator und war die letzte Bastion der spanischen Republik, die fiel. Den Widerstand bezahlte es später. Die Tourismusförderung blieb aus. Stattdessen lebte Menorca zwar abgeschieden von der Welt, aber gut von der Landwirtschaft, von Textil- und Lederhandwerk und dem berühmen Maó-Käse Der Käse ist noch immer berühmt und der Tourismus nachhaltig und angenehm.

Die wild-romantische Nordküste von Menorca. Auf dem Cami de Cavalls. Foto: Flora Jädicke

Menorca – „es ist ein geradezu bukolisches Idyll“ flüstert mir der Hamburger vom Nachbartisch zu, während der Tag sich über dem Hafenrestaurant im Port de Maó davonstiehlt und die prächtigen Bauten der einstigen Quarantäne-Insel LLatzaret ins Zwielicht der Nacht schiebt. Cees Nooteboom würde am Himmel über Menorca jetzt wohl das Sternbild des Orion suchen oder einfach dem friedlichen Plätschern der Wellen gegen die Planken der kleinen Segelboote lauschen. Mehr „Slow“ geht kaum.

Idylle im Hafen von Ciutadella. Foto: Flora Jädicke

Mehr Informationen: Im Internet auf www.menorca.es, www.spain.info oder www.illesbalears.travel/de/baleares/

Sehenswürdigkeiten: Die talayotische Siedlung von Torre d’en Galmés liegt in der Gemeinde Alaior im Süden der Insel. Sie ist eine von zahlreichen Ausgrabungsstätten frühzeitlicher Siedlungen und Heiligtümer, zu denen auch die monumentalen T-Heiligtümer in der Siedlung Talatí de Dalt im Osten der Insel gehören.

Utterhaltung: Die Höhlendisco „Cova d’en Xoroi“ in Cala en Porter ist ein echtes Erlebnis. In der Hauptsaison ist sie ab 23 Uhr geöffnet.

Beste Reisezeit: Für Liebhaber von Ruhe und Natur ist von März bis Juni oder von September bis November die ideale Zeit für einen Besuch. Auch im Winter ist die Insel eine Reise wert. In den Sommermonaten Juli und August können auch die Strände von Menorca voll werden.

Strände: Die versteckten, feinsandigen Buchten wie Cala-Santa-Galdana sind umgeben von dichten Pinienwäldern. Unbedingt gesehen haben sollte man die imposante Kathedrale von Ciutadella, die Höhle Cova-d’en-Xoroin und den idyllischen Hafen Mahon, wo man immer auch eindrucksvolle Großsegler bewundern kann.

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