„Nicht jede Düne ist eine“ – Zeitzeugen auf Fanø

Auch 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind seine Spuren noch überall im Land sichtbar. Vom Vinschgau in Südtirol über das Mullerthal in den Luxemburger Ardennen bis an die Nordsee auf den dänischen Inseln findet man stumme Zeitzeugen.  Fanø ist eine von ihnen.

„Nicht jede Düne ist eine Düne“, sagt Henning Brinch, der „Bunkermann von Fanø“ wie ihn Freunde nennen. „Unter mancher verbirgt sich ein Bunker. Viele der 300 häßlichen grauen Beton-Wehranlagen sind inzwischen versandet und mit Gras überwachsen. So sind sie  mit den Dünen leicht zu verwechseln.

Henning erklärt Militärstellungen auf der Fanø Karte von 1945.
Henning erklärt Militärstellungen auf der Fanø Karte von 1945.

1999 hat Henning den Verein „Fanø im  Atlantikwall“ gegründet. Sein  halbes Leben interessiert sich der 56-jährige Däne für die Bunker auf seiner  kleinen Insel in der süddänischen Nordsee. Gut 300 verstecken sich  im Sand entlang der Inselküste. Im Winter ist Henning Maschinenschlosser. Den Rest des Jahres Pfannkuchenbäcker und im Frühjahr und Sommer auch  Bunkerführer.  22 Jahre lang war er in der Armee. War in Zypern und in Bosnien als Nothelfer im Einsatz. Heute führt er mit Frau Mette ein kleines gemütliches Pfannkuchenhaus.  Bei „Hans & Grete“ gibt es hervorragende Crêpes, Kaffee und immer einen gemütlichen Schnack. Ganz und gar „hyggelig“ wie die Dänen sagen würden.

300 Bunker und 49.000 Mienen auf Fanø

Im Gegensatz zu den Bunkern. Sie aber haben Henning  nie losgelassen. Gut 100 der hässlichen grauen Beton-Zeitzeugen kann man besichtigen. Viele weitere sind heute unter dem Sand der Dünen begraben. Einige aber ragen gut erkennbar aus dem Strand heraus und wirken längst mit Gras überwachsen wie Dünen. „Hier auf  gibt es Bunker wie Sand am Meer“, scherzt er. An die 300 wurden mit Hilfe von GPS gefunden. Dazu an die 49.000 Mienen und 675 große Seemienen mit jeweils 100 Kilogramm Sprengkraft.

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Oft scheint einfach Gras gewachsen zu sein über die Vergangenheit.

Fanø war ein wichtiger Teil des Atlantikwalls. 2800 Kilometer Beton von Nordnorwegen bis Südfrankreich und Nordspanien sollten Hitlers Terrorreich schützen. Bis der gewaltige Schutzwall aber fertiggestellt werden konnte, war der Krieg vorbei. Fanøs Bunker wurden binnen zweier Jahre gebaut. Die meisten entstanden 1943. Errichtet von dänischen Arbeitern und bezahlt vom  dänischen Staat. Den dänischen Bauern sei es dabei nicht schlecht gegangen, sagt Henning. „Die dänischen Bauern waren doch der Kühlschrank für die deutschen Soldaten.“ Für Henning ist die Geschichte klar. Sie hatten die Wahl: Entweder in einer zerstörten Umgebung leben oder arbeiten und auf Fanø gutes Geld verdienen. „Das waren die Alternativen.“ Schlecht sei es erst geworden, als der Krieg zu Ende ging, erzählt er bei Kaffee und Crêpes.

Fanø, eine riesige Kanonenplattform

Das eigentliche Interesse galt aber nicht er kleinen Insel im Wattenmeer, sondern  Esbjerg. Fanøs strategisch wichtige Lage an der Einfahrt zum Esbjerger Hafen machte die Insel zum Stützpunkt für rund 1500 bis 2500 deutsche Soldaten.

Im April 1940 besetzten die Deutschen Dänemark. Nicht nur auf Fanø wurden danach unzählige Bunkeranlagen gebaut, sondern entlang der gesamten jütländischen Westküste.

Auf der Insel- Nordseite entstanden drei große Geschützstände. Der größte von ihnen (Fanø Nord) ist heute als Ausstellung eingerichtet. Viele der Bunker wurden ausgegraben und können ohne Schwierigkeiten begangen werden. Die beiden weiteren Geschützstände lagen bei Pælebjerg und in Sønderho.

DSC_0194Neben diesen großen Geschützständen wurden fast überall auf der Insel Fliegerabwehrstellungen, Scheinwerfer, Eisenbahngleise und zahlreiche Bunker für die Nahverteidigung der Insel angelegt. Dennoch soll General Erwin Rommel alles andere als zufrieden gewesen sein, als er 1944 für einen Tag auf Stippvisite nach Fanø kam. „Mienen, Bunker, das alles war ihm zu klein“, sagt Henning.

Und auch das erfährt man vom Pfannkuchenbäcker. Dass Fanø „nur“ Kanonenplattform gewesen sei und Esbjerg noch während des Kalten Krieges eine entscheidende Rolle gespielt habe, weil man von dort aus die alten Kanonen gegen Russland in Stellung brachte.  Heute werden von Esbjerg aus gewaltige Windkrafträder verschifft. Und auf Fanø geht es ausnehmend beschaulich zu. Kriegshandlungen gab es auf der kleinen  Insel in der süddänischen Nordsee ohnehin kaum. Darüber ist Henning Brinch bis heute glücklich. „Der jüngste Soldat auf der Insel  war doch erst 13 Jahre alt“, sagt er nachdenklich. Der Aufwand, mit dem Hitler das winzige Eiland mit „Verteidigungsanlagen“ für den Atlantikwall überzogen hatte, lässt Besucher aber noch heute  erschauern.

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Die Autorin im Gespräch mit Henning.

Im Frühjahr und im Sommer führen Henning Brinch und der Verein „Fanø im Atlantikwall“ durch die Bunker der Insel. Die Führungen kann man im Touristbüro Fanø buchen. Dort kann man außerdem zwei Prospekte zum Thema erwerben. Anlässlich 125 Jahre Tourismus auf Fanø entsteht im Keller des Victoria’s Palace in Fanø Bad ein kleines Museum zur Geschichte der Kriegsanlagen.

Infos dazu vom Verein „Fanø im Atlantikwall“ unter: www.fanoe-i-atlantvolden.dk/ (nur Dänisch,  gibt aber einen guten Eindruck), weiter Informationen unter Fanø Touristbureau: www.visitfanoe.dk

Hans & Grethe Creperie – Pandekagehuset, Lindevej 2, 6720 Fanø

Bilder auch unter: www.atlantikwall-daenemark.de/orte-in-daenemark/fano/

Diese Reise wurde unterstützt vom dänischen Tourismusverband. www.visitdenmark.dk

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