Clos du Doubs – Tiefe Schluchten und liebliche Auen

Der Clos du Doubs, das Doubstal ist ein wildromantisches Paradies für Wanderer. Durch Canyons und Wälder sucht der Fluss seinen Weg – mal ungestüm, mal zahm.

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Verwunschene Wälder an den Ufern des Doubs. Foto: Flora Jädicke

Auf dem Moos liegt Stille. Aus ihr tropfen sanfte Gedanken, wie der Tau von den Blättern im „Réserve forestière du Theusseret“. Am westlichen Rand der Schweiz, im Grenzbereich zu Frankreich scheint die Zeit alleine für die Uhrmacher geschaffen zu sein. Im Schatten des Franches Montagnes (der Freiberge) üben sie seit  Jahrhunderten ihr Handwerk aus, in aller Ruhe. Nur der Doubs unten in seinem Bett tost und brüllt. Dieser Fluss ist ein unruhiger Geselle. Wild und dramatisch hat er einen gigantischen Canyon in das Karstgebirge des Jurabogens getrieben. Durch Felsklippen,

Geröllhalden, Hoch- und Niedrigwasserrinnen windet er sich über bemooste  Felsbrocken, Inseln und Altwasser bis er schließlich sanft wird und träge. Launisch wechselt er die Richtung. Kurz vor St-Ursanne kehrt er um 180 Grad, um anstatt in den Rhein, in die Rhone zu münden.

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Die wilde Seite des Doubs. Foto: Flora Jädicke

Drei Tage folge ich seinem Lauf, von Les Bois bis Soubey und St-Ursanne. Der Zauber beginnt nur wenige Schritte hinein ins Doubstal und der Zauber beginnt. Schon die erste Etappe nach Biaufond hat ihre Wirkung. Guide Vincent Gigandet weiß um die Magie dieses Flusstals. „Das ist einer der letzten Urwälder an der schweiz-französischen Grenze“, sagt er. „Streckenweise  Naturschutzgebiet auf beiden Seiten.“

Vincent holt mich in Délemont vom Bahnhof ab und erträgt in den kommenden Tagen geduldig alle „Ohs“ und „Ahs“, die mir auf Schritt und Tritt durch diese Landschaft entfahren. Seit Jahren führt der Jurasse sein Leben am Doubs. Wenn auch an einer stillen, flachen Stelle. In Tariche nahe St-Ursanne betreibt er einen Vier-Sterne Campingplatz. Zehn bis 15 Kilometer pro Tag haben wir uns vorgenommen.

Stille Wasser
Stille Wasser

Nach wenigen Kilometern genießen wir ein Steak, serviert mit Salat und  Wildblumen. Wir werden die Nacht im „Maison Biaufond“ verbringen, einer ebenso einfachen wie charmanten Herberge. Still ist es hier. Als wäre man aus der Welt gefallen. Und der sonst so ungestüme Doubs drückt sich an dieser Stelle behäbig unter der schweiz-französischen Grenzbrücke hindurch – mitten durch einen kleinen Stausee.

Der Clos du Doubs ist auch ein Grenzgang

Der folgende Tag beginnt mit einem Grenzgang. Ein Schweizer Fluss ist der Doubs nur auf 29  Kilometern, im Gebiet des Clos du Doubs. Auf dem übrigen Terrain ist er Grenzfluss. Unser Ziel ist die Herberge „Le Theusseret“ im Örtchen Gumois. Wenige Meter hinter der Herberge wechseln wir auf die französische Seite.

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Steile Abstiege sind eher selten auf der französischen Seite. Foto: Flora Jädicke

Hier zeigt der Doubs seine ganze dramatische Schönheit. Seit Urzeiten steigen seine unsichtbaren Wassernebel auf. Sie haben alte Buchen und Baumgiganten an den Uferhängen verpackt in Moospolster. Sie mit Farnen verhüllt und mit einem Schleier aus Flechten geschmückt. Üppiges Grün strotzt aus jeder Felsspalte dieses Canyons. Auf wenigen Passagen ist er so steil, dass wir nur überLeitern queren können. Knorriges Wurzelwerk greift von den Hängen auf den Wanderweg.

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Wild-romantische Kulisse. Foto: Flora Jädicke

An einigen Stellen ist der gerade mal zwei Fuß breit. Rinnsale suchen sich den Weg schmatzend durch das Profil meiner Sohle. Aber nie ist der Weg beschwerlich. Wandern für Genießer. Man möchte flüstern und den Stimmen des Waldes lauschen. Wer lässt sich nicht von der Poesie dieser wildromantischen Landschaft verzaubern? Sie könnte gut und gerne die Kulisse für eine „Herr-der-Ringe-Episode“ geben. Hinter jedem Ast mag eine Fee, in jeder Höhle ein Kobold hausen. Tatsächlich ist es die Symphonie der Singvögel, die der feucht-kühlen Luft ihren Klang schenkt. Blätter rauschen, Quellen gurgeln aus dem Fels und das Klopfen eines Spechts verhallt in der Schlucht.

Paradies für Wanderer und Kletterer

Natur und Zivilisation haben hier  gleichermaßen ihre Spuren  hinterlassen. Entlang der Strecke passieren wir noch aktive historische Wasserkraftwerke aus den Anfängen des 20.   Jahrhunderts. Bereits im 14. Jahrhundert hatte ein Felssturz bei „La Goule“ für ein natürliches Wehr gesorgt, ein weiterer bei „Le Refrain“. Beide wurden später als Staustufen genutzt. Zur Zeit der Wassermühlen suchten Müller, Glaser, Gerber und Fischer ihr Glück am Doubs. Alte Mühlsteine und -ruinen zeugen von der Zeit. Wandern, Fliegenfischen, Klettern. Ein Mekka der Fischer ist der Doubs bis heute. „Die Fliegenfischer kommen aus ganz Europa“, sagt Vincent. Ein Paradies aber ist das Tal für Wanderer und Kletterer.

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Karstfelsen an den Schweizer Ufern des Doubs. Foto: Flora Jädicke

Wenige Meter hinter dem Kraftwerk „Le Refrain“ ist der Einstieg für die Via Ferrata „Les echelles de la mort“. Der Klettersteig verläuft neben der Route eines alten Schmugglerwegs. „Schon mein Großvater hat hier auf seinen Schultern Kälber über die Grenze gebracht“, erzählt Vincent. Wir folgen dem Fluss bergab. Seit seiner Quelle auf 937 Metern Höhe, am Fuße des Mont Risoux (1419) hat er über 300 Höhenmeter verloren. Das felsige Ufer gegenüber, das ist die Schweiz. Dort verläuft der Weg hoch über dem Tal und führt durch steiles Gelände. Den Doubs aber sieht man von dort kaum. So bleiben wir bis „Le Theusseret auf der französischen Seite. Gute sechs Stunden habe ich nur einen Gedanken im Kopf: „Truite“ (Forelle). Sie sind eine Institution in der alten Mühle „Auberge Le Theusseret“ und trösten mich über eine unruhige Nacht hinweg. Der Fluss hat hier das letzte Wort. Ohrenbetäubend stürzt er sich das kleine Mühlwehr hinab. Hinter Gumois werden Tal und Doubs breit und zahm. Eine milde Sommermorgensonne lässt die Luft flirren

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Trockenwiesen und Wildblumen malen eine liebliche Landschaft. Foto: Flora Jädicke

über Trockenwiesen und  Wildblumen. Von Le Bois über Biaufond und Gumois erreiche ich Clairbief und die Schweiz. Mit dem Kanu erleben wir die Strecke bis Soubey. Ein Graureiher treibt sein Spiel mit mir und der Kamera. Kurz vor Soubey dreht er ab und wir machen uns von dort aus auf den Weg in das Städtchen St-Ursanne, wo uns ein fröhliches Mittelalterfest empfängt. „Les Médiévales“. Très bien!

Die Reise wurde unterstützt vom Schweizer Tourismusverband.

www.maisondutourisme.ch; www.juratourisme.ch; www.myswitzerland.com, www.tariche.ch (Camping)

Wanderzeit: Frühling bis Spätherbst.

Anreise: Mit dem Zug über Délemont nach Saignelégier, von dort mit dem Postauto zum Beispiel nach Gumois. Die Laufzeit pro Strecke beträgt etwa: Vier bis sechs Stunden.
Routencharakter Via Ferrata: Les echelle de la mort ist ziemlich schwierig bis schwierig: K3-4 nach SAC Schweizer Alpenverein. Vom Ausstieg des Klettersteigs hält man nach rechts und erreicht
den Aussichtspunkt, Belvédère. Ist man vor der Tyrolienne ausgestiegen hält man nach links. Dann über die Metallleitern
und den Weg zurück.
Fischen am Schweizer Doubs: Die Société des pecheurs à la ligne du Doubs gibt Informationen für Fischer unter www.doubspeche.ch
Mittelalterfest in St-Ursanne „Les Médiévales“ findet alle zwei Jahre statt.

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