Das Tal zwischen Reschenpass und Meran ist sonnenverwöhnt und reich an Kulturschätzen. Im Vinschgau liegt auch das malerische Glurns, Italiens kleinste Stadt.
Von Flora Jädicke
Tosca hält die Nase dicht am Boden. Er riecht nach feuchten Wiesen, nach quirlig gurgelnden Quellen, Kalkstein und noch immer nach Schnee. Auf den Höhen des Schlinigpasses (2330m) im Obervinschgau tritt der Winter den Rückzug erst spät an. Weiter unten in den Orten, in Burgeis oder Mals, haben die Eisdielen Hochkonjunktur. Hier genießen die Menschen auf den idyllischen Plätzen in Laas oder Glurns den Frühsommer.
Der Vinschgau ein Schönwetterloch
Von nichts hat der Vinschgau mehr, als von Sonne. Ein wahres Schönwetterloch ist das Tal. Hervorragende Bedingungen für Obst- und Weinbau, der hier ähnliche Bedingungen vorfindet, wie im Wallis. Bis auf 1430 Metern Höhe werden Solaristrauben angebaut. Im sonnigen Vinschgau liegen Europas höchste Weinberge. Auf den Spuren der Schmuggler „Ein paar Tage noch“, sagt Luis Pobitzer, „dann ist das auch hier alles weg.“ Schneefelder, auf denen Sand aus der Sahara eine seltsame Marmorstruktur hinterlässt.
Der ehemalige Banker ist heute Wanderführer und Hüttenwirt der Sesvennaschutzhütte des AVS und Hündin Tosca ist seine stete Begleiterin. „Sie kennt hier jedes Grasbüschel, jedes Heidekraut und Alpenrosenfeld“, sagt Luis. Wild prescht Tosca durch die schroffe aber blühende hochalpine Landschaft. Von Schlinig, einem kleinen Bergdorf oberhalb von Burgeis in der Gemeinde Mals, beginnt die Tour durch das gleichnamige Tal Richtung Sesvennahütte über den Schlinigpass bis zur Uinaschlucht.
Die „4mannSäule“ – Erinnerungen
Auf dem Weg zwischen der Alp Planbell (Schlinigalm) und Schutzhütte schnüffelt sie durch wilden Thymian und bleibt unvermittelt an einer gewaltigen Holzskulptur stehen. Mitten in diese alpine Wildnis hat der Künstler Raimund Spiess die „4mannSäule“ gesetzt.
„Sie ist ein großes Danke“, sagt Luis. Im Februar 2012 gerieten vier Männer unter eine Lawine – und überlebten. Auch Luis’ ältester Sohn Andreas war dabei. Die Stele ist aus Zirbenholz. „Das hat Ewigkeitsbestand“, sagt er, und Tosca ist bereits sprichwörtlich über alle Berge. Das laute Pfeifen der Murmeltiere gibt Luis ihren Standort durch, wie ein Echolot. Im Grenzgebiet von Obervinschgau und Unterengadin sind sie fast so zahlreich wie einst die Schmuggler, die in den 60er-Jahren von der Schweizer Seite, von Sur En, kamen und Kaffee, Zigaretten und andere Luxusgüter über die Passroute auf 2330 Meter Seehöhe nach Italien schleusten. Auch heute empfiehlt es sich, am unscheinbaren Grenzübergang auf 2150 Meter Höhe einen Ausweis dabei zu haben.
„Mehr als 35 Kilogramm Waren schleppten sie auf dem Rücken durch das Val d’Uina und die berüchtigte Uinaschlucht“, erzählt Luis. In nur zwei Jahren Bauzeit hatten Schweizer den 1000 Meter langen Galeriegang in die fast senkrechten Flanken der wildromantischen Klammdes Uinabachs gesprengt. 1910 war der Weg schließlich frei. „Auf den Wiesen der Alp Sursass hatten die Schmuggler bereits 1031 Höhenmeter überwunden und nur noch wenige Meter bis zur Schweizer Grenze. Ab hier war das Unterfangen illegal“, erzählt Luis.
Glurns im Vinschgau – Italiens kleinste Stadt
Glurns, die kleinste Stadt der Alpen im Schatten von Ortler, Trafoier Eiswand (3557) und Königsspitze (3857) erstreckt sich der liebliche Vinschgau mit seinen schattigen Waalwegen. Ducken sich ursprüngliche und idyllische Orte zwischen Obstplantagen und Getreidefelder. Ein wahres Kleinod im Alpenraum ist Glurns die kleinste Stadt der Alpen. An die 900 Einwohner sind es heute und es waren nie mehr. Herzog Meinhard II., Graf von Tirol, setzte den mächtigen Churer Bischöfen das kleine aber feine Glurns vor die Nase und verhalf dem Ort zu Stadtrecht.
1291 setzte er den Bartholomäusmarkt zum 24. August ein. Gehandelt wurde Salz aus dem Inntal, Wein aus dem Veltlin, Schafe und Getreide. In der noch vollständig erhaltenen Laubengasse hatten sich auch Kleinhandwerker angesiedelt. Damit kaufte er dem fürstbish-bischöflich-churischen Marktort Müstair den Schneid ab und machte Glurns 200 Jahre lang zur Handelshauptstadt des Vinschgau. Fast vollständig restauriert, hat sie sich ihren ursprünglichen Charme doch erhalten. Mehr als 140 „Pala“ – Birnenbäume, einige sind 250 Jahre alt – und der Karikaturist Paul Flora machten die mittelalterliche Ministadt weit über die Grenzen Südtirols hinaus bekannt.
Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusbüro Vinschgau und dem Tourismusverband Südtirol: www.vinschgau.net www.suedtirol.info
Anreise-Tipp: Von München auf der A 12 über Innsbruck und Nauders und den Reschenpass nach Burgeis oder Glurns.
Hotel-Tipp: Das Hotel Zum Mohren & Plavina bietet im 365 Jahre alten Stammhaus Mohren gemütliche Zimmer von 60 Euro bis 68 Euro. Im modernen Wanderhotel Plavina nächtigt man zwischen 65 Euro und 120 Euro. www.mohren-plavina.com/mohren-plavina/
willkommen.html
Touren-Tipp: Waalwege im Vinschgau: der Berkwaal Schlunderns, der Teil des Sonnensteigs ist und in Burgeis startet.
GLURNS UND DER VINSCHGAU
Einkehr-Tipp: Die Sesvenna-Hütte ist im Frühjahr von Februar bis Mai geöffnet und im Sommer über Pfingsten und von Mitte Juni bis Ende Oktober, je nach Wetterlage. Genaue Zeiten unter:
www.sesvenna.com
Neu: ab Sommer 2014 ermöglicht die Vinschgau-Card kostenlose Fahrten mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln in ganz Südtirol, bei Seilbahnen, Museen und Freizeiteinrichtungen.
Sehenswürdigkeiten: Stadt Glurns, Stadtmühle und Paul Flora Museum im Kirchtorturm. www.glurns.eu/de